Knapp 4 Wochen verbrachten 25 junge Rheingauerinnen und Rheingauer im Alter von 16 bis 26 Jahren, darunter 4 Ehemalige, gemeinsam mit 4 Begleitpersonen im Juli/August 2024 in Kenia. Auf dieser Reise erlebten sie Land und Leute hautnah und abseits der Touristenwege.
Vorbereitetet wurde die Reise durch mehrere Informationstreffen für die Jugendlichen und auch deren Eltern, sowie einen Wochenend-Workshop und ein Camping- und Wanderwochenende im Rheingau. Außerdem sparten sich die Teilnehmenden die Kosten der Reise durch Ferienjobs an – dabei unterstützten wir sie durch die Beantragung von Fördermitteln sowie die Organisation von zahlreichen Verkaufsständen, deren Erlös der Reisekasse zugutekam.
Ankommen und erste große Herausforderung
Als erste Station in Kenia wurde in der Sanctuary Farm am Naivasha See gecampt. Da hier keine Raubtiere leben, ist es möglich zu Fuß auf Safari zu gehen – im Gegensatz zu den meisten anderen Reservaten. Das macht das Erlebnis noch intensiver. Hier erlebten die Teilnehmer Zebras, Gnus, Antilopen, Giraffen, unzählige Vogelarten und viele weitere Tiere in ihrer natürlichen Umgebung und dennoch ganz nah, wenn die nötige Geduld aufgebracht wurde. Eine Fahrt in Kanus auf dem See führte sie auch an einige Nilpferde heran, zu denen allerdings der gebührende Sicherheitsabstand gehalten wurde.
Außerdem konnte die Gruppe eine Rosenfarm besichtigen, in der die Züchtung neuer Sorten für Großkunden im Vordergrund steht. Dabei konnte über eine beeindruckende Vielfalt und noch namenlose Neuzüchtungen gestaunt werden. Rund um den Naivasha See gibt es unzählige Rosenfarmen, auf denen auch viele der Rosen wachsen, die wir in Deutschland kaufen können. Am abendlichen Lagerfeuer wurde dabei dann auch nachdenklich über den enormen Wasserverbrauch und Flugtransport gesprochen.
Gleichzeitig wurde die Gruppe allerdings hier auch schon vor eine erste große Herausforderung gestellt, die sie fast während der gesamten Reise begleiten sollte: Bereits in der ersten Nacht litten mehrere Jugendliche an einem Magen-Darm-Infekt, der – wie sich später herausstellte – aus dem Rheingau mitgebracht worden war und nach und nach fast alle Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer erfasste. Hier zeigte sich, dass wir uns auf unsere Gruppe voll verlassen konnten. Die Jugendlichen versorgten sich gegenseitig, waren aufmerksam und mitfühlend. Die Gruppe ist an dieser Herausforderung gewachsen und hat sich zu einem Team entwickelt, in dem jeder und jede ihren Platz gefunden hat. Besonders hilfreich war in dieser Situation, dass die Reisen des Vereins medizinisch immer bestens ausgerüstet sind. Begleitpersonen sind in Erster Hilfe ausgebildet, das Krankenhaus Rüdesheim unterstützt mit Sachspenden und über Spendenmittel der Sonnenapotheke Geisenheim können Medikamente mitgenommen werden, die unser 2. Vorsitzender Dr. Matthias Marks zu einer gut ausgestatteten Reiseapotheke für die meisten Notfälle zusammenstellt.
Wandern im Nationalpark
Bedingt durch die zahlreichen Kranken der ersten Tage, musste das Programm ein wenig umgestellt werden. Eine weitere Nacht am Naivasha See brachte die nötige Erholung und am nächsten Tag die Entscheidung: Wir teilen die Gruppe auf. Ein Teil fuhr nach Sagana ins „Basiscamp“, um sich zu erholen und gesund zu werden, der andere Teil folgte dem ursprünglichen Programm und steuerte den Aberdare Nationalpark an. Auf über 2500 m wurde gezeltet und gewandert, um sich für die anstehende Wanderung auf den Mt. Kenya vorzubereiten – als ein weiterer Härtetest musste gemeinsam ein steiler und rutschiger Abschnitt überwunden werden, bevor dann die Gruppe in Sagana wieder vereint wurde.
Auf dem Gipfel des Mt. Kenya
Highlight für viele der Jugendlichen, aber auch gleichzeitig physisch und mental eine der größten Herausforderungen der Reise war dann die Wanderung am Mt. Kenya, zu der dann glücklicherweise alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufbrechen konnten. Gestartet wurde auf etwa 2600 m am Eingang des Nationalparks. Über mehrere Camps erreichte die Gruppe, auf teilweise steilen Wegen mit atemberaubenden Aussichten auf die wechselnde Landschaft, nach 3 Nächten das Shiptons Camp auf 4250 m Höhe – wo sich für alle die dünne Luft bemerkbar machte. Von dort ging es für die Gipfelgruppe mitten in der Nacht mit Stirnlampen und leichtem Tagesrucksack weiter auf den 4985 m hohen Point Lenana, wo das Gipfelfoto im Schnee geschossen werden konnte. Die größte Herausforderung aber stellte der Rückweg dar, bei dem zunächst von Schnee und Hagel, später von Dauerregen jeder Schritt zur Rutschpartie werden konnte und am Ende keine Faser mehr trocken blieb.
Auch hier bewiesen die jungen Leute außerordentlichen Teamgeist und unterstützten sich gegenseitig, wo immer es notwendig wurde. Rucksäcke wurden übernommen, eine erschöpfte Teilnehmerin getragen, trockene Kleidung getauscht und vieles mehr.
Das alles erforderte hohen Materialaufwand und so wurde die Gruppe auch von mehreren einheimischen Trägern und Führern begleitet, die sich um Zelte und Verpflegung kümmerten und die Wanderer mit warmem Tee und reichhaltigem Essen versorgten.
Auf Safari
Weitere Eindrücke von der kenianischen Tierwelt – diesmal auch mit zahlreichen Raubtieren wie Hyänen oder Löwen - konnte die Gruppe im Ol Pejeta Conservancy sammeln. Hier leben unter besonderem Schutz viele Nashörner, unter anderem die beiden letzten weiblichen Northern White Rhinos, nachdem mit „Sudan“ der letzte männliche Vertreter ihrer Art vor einigen Jahren verstorben ist. Die Gruppe lernte auch „Baraka“ kennen, ein blindes Nashorn, das in Ol Pejeta seinen Lebensabend verbringen darf. Außerdem konnten die Teilnehmer eine Auffangstation für Schimpansen besuchen.
Auf dem Rückweg wurde der Äquator überquert und dort an einem Curio Shop gehalten, um ein paar Souvenirs zu erwerben - ein Abenteuer, an das sich einige noch lange erinnern werden, waren doch die vereinten Verhandlungskünste der gesamten Gruppe gefragt, um die Mitbringsel für Familie und Freunde passend zu den eigenen Preisvorstellungen zu ergattern.
Erholung, Sport und Spaß
„Endlich wieder duschen“ war dann der meistgesagte Satz nach Wandern und Safari – und dabei war es allen egal, wenn das Wasser teilweise lauwarm war oder nur spärlich lief. Erholen, die wunden Füße versorgen, Wäsche waschen und vor allem die vielen Eindrücke verarbeiten konnte die Gruppe dann erneut in Sagana – diesmal sogar mit Betten statt Isomatte und Schlafsack ausgestattet. Hier wurde mehrmals während der Reise für ein oder zwei Tage Rast gemacht, um die jeweils nächste Etappe vorzubereiten. Dabei kam auch der Spaß nicht zu kurz – Bogenschießen, Rafting und Bungeejumping waren im Angebot und wurden gerne wahrgenommen.
Highlight: Das Schulprojekt
Letzte große Etappe und der wichtigste Teil der Reise war dann der Aufenthalt an der Nzouni Primary School – eine der 8 Schulen des Kikunduku School Projects, mit dem der Verein Rheingauer Jugend für Afrika e.V. zusammenarbeitet. Hier wurde auf dem steinigen Sportplatz gecampt und für eine Woche an der Schule gearbeitet. Mehrere Klassenräume erhielten einen neuen Anstrich und die künstlerisch begabteren Jugendlichen machten sich daran, zahlreiche Tierbilder und auch Unterrichtshilfen wie Zahlen, Buchstaben, Längenmaße oder Vokabeln in 2 Sprachen an die Wände der Klassenräume zu bringen. Eine andere Gruppe baute 30 Tisch-Bank-Kombinationen, mit denen mehrere Klassenräume ausgestattet werden konnten. Außerdem wurden 10 stabile Regale für die neue Bibliothek gebaut.
Großen Wert legen wir darauf, dass unsere Jugendlichen während der Zeit an den Schulen gut in den Austausch mit den Einheimischen kommen. Das wurde bei vielen Gelegenheiten deutlich – Gespräche während der gemeinsamen Mahlzeiten und bei den Arbeiten an der Schule waren zu beobachten, ebenso wie ein Treffen mit den Patenkindern, die durch Paten aus Deutschland über den Verein beim Schulbesuch unterstützt werden. Außerdem besuchte die Gruppe den Gottesdienst in der Gemeinde, wurde dort mit Freude begrüßt und sogar um eine kleine Mitgestaltung des Gottesdienstes gebeten. Auch bei den Besuchen an den übrigen Schulen des Kikunduku School Projects kam man in Kontakt mit der jeweiligen Schulgemeinde – ganz besonders an der Kyaani Secondary School: Hier fand ein gemeinsamer Austausch mit einer Schülergruppe statt, die bereits im Frühjahr mit der Volontärin Katharina Gödtel über vier Monate Deutsch gelernt hatte. Katharina, die diesen Teil der Reise begleitete, hatte gemeinsam mit der neuen Deutschlehrerin Monicah einen Workshop zum Wunschthema „Social Media“ vorbereitet. Hierzu wurde sich intensiv ausgetauscht – aber auch andere Themen der Jugendlichen fanden ihren Platz an diesem Tag. Es wurde über Hobbys, Familie und Freunde geplaudert, sich aber auch zu den Themen Schulsystem, Infrastruktur in Kenia und Deutschland, Klimaunterschiede, verschiedene Lebensbedingungen und Gleichberechtigung ausgetauscht. Insgesamt konnten an diesem Tag viele Gemeinsamkeiten und Unterschiede gefunden, aber auch manche Vorstellungen auf beiden Seiten korrigiert werden.
Gerade die Mädchen führten dabei intensive Gespräche zum Thema Menstruation und konnten praktische Tipps geben. Wir können es uns nicht vorstellen, aber hier gehen die Mädchen der bedürftigeren Familien während ihrer Periode nicht zu Schule, weil sie sich keine Binden leisten können. Im „Girl‘s Corner“ der KSP-Schulen erhalten diese Mädchen diese nun von uns und können sich bei einer Vertrauenslehrerin auch künftig weiter welche holen. So können sie durchgehend zur Schule gehen, ohne sich zu schämen und verpassen nicht mehr jeden Monat ein paar Tage Unterricht.
Der Vereinsvorstand nutzte die Zeit an der Schule auch, um die Umsetzung der aktuellen Bauprojekte zu besichtigen und mit den Schulleitern der Schulen die neuen Bedarfe auszuloten. So wurden seit dem letzten Besuch 2022 der Bau einer neuen Secondary School begonnen, weitere Baumaßnahmen an anderen Schulen finanziert und zahlreiche Patenkinder unterstützt. Während des Besuchs fanden an allen Schulen Pflanzaktionen neuer Bäume statt. Außerdem konnten über 800 Bücher für die neue Bibliothek der Nzouni Primary und Secondary School angeschafft werden. Diese wurden durch die Erlöse der Versteigerung des Benefizweins bei der Weinversteigerung auf Kloster Eberbach finanziert, die auf Vorschlag von Schirmherrin Miriam Dahlke (MdL) im Frühjahr dieses Jahres dem Verein zugesprochen wurden.
Wichtig ist uns dabei, dass die Schulen ihre Bedarfe selbst formulieren und deren Priorisierung miteinander festlegen. Nur so können wir gewährleisten, dass die Spenden- und Fördergelder, die wir dafür erhalten, auch wirklich sinnvoll genutzt werden. Dabei wird der Verein vor Ort von Georgina Nyamasio unterstützt, Lehrerin und Bindeglied zwischen Verein und den Schulen. Sie koordiniert alle Maßnahmen und verwaltet die Spendengelder, die der Verein für die Projekte an den Schulen zur Verfügung stellt.
Großes Thema für alle Schulleiter ist der Zugang zu Wasser. Aber auch die Umstellung des Curriculums in Kenia, die Ausstattung der Schulen, die Raumknappheit aufgrund steigender Schülerzahlen und die Armut in der Region machen allen zu schaffen. So ist die Liste der Projekte, Patenwünsche und Bedarfe lang, die nun mit nach Deutschland genommen wurde, um erneut Spenden- und Fördergelder zu akquirieren.
Am letzten Tag an der Schule wurde ein großes Fest gefeiert. Von allen Schulen des Projekts kamen Schülergruppen zusammen, es wurde für die Gäste getanzt und gesungen und natürlich auch einige Reden gehalten, von unserer Seite verbunden mit dem Wunsch nach Nachhaltigkeit und Eigeninitiative.
Auch die Rheingauer leisteten einen Beitrag zum Fest: die Gruppe hatte zum Lied „Zeit, das sich was dreht“ einen Tanz eingeübt, der vorgeführt und als Mitmachtanz angeboten wurde. Aber auch Sportausstattung für einige Schulen, Schuluniformen, Schuhe und Medikamente für alle Schulen sowie Deutschbücher und Laptops für den Unterricht der neuen Deutschklassen wurden an die Schulleiter übergeben, bevor es ans Abschiednehmen ging
Wir sind sehr stolz auf unsere Gruppe – sie ist während der Reise zu einem großartigen Team zusammengewachsen, in dem sich in jeder Situation alle hundertprozentig auf die anderen verlassen konnten. In den abendlichen Runden am Lagerfeuer, die von Madita Goosmann – Reiseteilnehmerin 2018 und nun als Ehemalige dabei - angeleitet wurden, konnte sich immer zu allen Themen des Tages ausgetauscht werden. Viele nutzen diese Runden, um mit den anderen ihre Eindrücke zu teilen und Themen anzusprechen, die sie gerade bewegten.
Und so gehen wir auch bereits im Herbst dieses Jahres daran, ein Informationstreffen für die nächste Reise im Sommer 2026 für interessierte Jugendliche anzubieten und sind gespannt, wer diesmal dabei sein wird.
Zuletzt geändert am: 16.09.2024 um 20:41
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